Israel – A Love Story

Ich habe mich auf die Israelreise gefreut, obwohl ich nicht wusste, was auf mich zukommt. Noch vor ein paar Jahren wäre ich freiwillig gar nicht hergekommen. Einerseits war ich politisch (einseitig) für die armen Palästinenser eingestellt. Andererseits war für mich die Gründung des Staates Israel nicht ohne Widersprüche. Auch nicht mit dem Holocaust konnte ich die Staatsgründung rechtfertigen. Mit meinem historischen Halbwissen fand ich keine Grundlage, die die Gründung eines Staates Israel plausibel erscheinen ließ oder für Recht erklärt hätte.

Dann begann ich die Bibel zu lesen. Gottes Geschichte mit dem Volk Israel. Dem Ungehorsam gegen ihren Gott, der sie aus der Sklaverei geführt hat, dem Gott, der persönliche Beziehung zu vielen Propheten hatte, aber immer auch zu diesem,seinem auserwählten Volk insgesamt. Dem Volk, das noch immer auf ihren Messias wartet, der, wie wir Christen glauben, schon gekommen ist. Der Messias, Gott selbst, Fleisch geworden, den sie nicht annehmen konnten, weil sie so sehr in ihren Gesetzen gebunden waren und ihn nicht erkennen konnten.

Diesen Ungehorsam, den alle Menschen haben, ob Juden oder nicht, indem sie Gott nicht ehren, sich selbst erhöhen und selbst Gott sein wollen. Trotz der einzigartigen Geschichte Gottes mit diesem Volk, der sie immer wieder aus der Not gerettet hatte, wollten sie den Mensch Jesus nicht als ihren Messias akzeptieren. Jesus entsprach nicht ihren Vorstellungen des Messias. Jesus war ihnen zu armselig. Er kam nicht mit Pomp und Würden, wie sie es sich vorstellten.

So sind in Jerusalem viele orthodoxe Juden und sie sehen sehr ernsthaft gläubig aus. Ich spreche ihnen ihren tiefen Glauben nicht ab. Wie könnte ich. Sie halten sich an ihre Gesetze und an ihre Regeln und sie sind bestimmt gute Menschen, die ein gottesfürchtiges Leben leben. Mir gefällt es, gerade in dieser schönen Stadt die orthodoxen Gläubigen zu sehen, wie sie sich dem Mainstream widersetzen und ihr Leben voller Regeln und Bräuchen leben. Es gefällt mir, diese Männer und Frauen, mit ihrem Kinderreichtum zu sehen, da es ein Volk ist, das an sich und seine Bestimmung glaubt.

 

Es ist wie früher von Feinden umgeben. Feinde, die dieses Volk auslöschen wollen, das muss gemäß ihrer islamischen Eschatologie in Jerusalem geschehen und beginnen.

Gott will dieses Volk immer noch, obwohl es in seiner Gesamtheit ein genauso säkulares Volk, wie mein Volk ist. Gott steht für dieses Volk, weil es das Volk Israel ist, die 12 Stämme, von denen 10 über die ganze Welt verstreut sind und die ihre Identität verloren haben und Juda und Samaria, die aus babylonischer Gefangenschaft zurück nach Israel kommen durften. Der Tempel wurde aufgebaut und später erneut zerstört.

Die Story ist sehr interessant, darum lest die Bibel selbst, ich krieg das in der Kürze eh nicht zusammen. Nur so viel: immer wenn sich Israel vom Herrn abwendet, geschehen schlimme Dinge. So wie bei uns übrigen Menschen auch. Wenn wir in seinem Licht wandeln, wird der Segen des Herrn auf uns liegen.

Lisa und ich kamen letzten Donnerstag in Tel Aviv an. Wir holten uns einen Mietwagen und fuhren nach Yad Hashmona, ein Moshav, wo wir uns einquartiert hatten. Die ganze Anlage hier ist sehr schön, die Leute sind sehr nett und wir fühlten uns ganz wohl. Ich bin etwas anspruchsvoller und dachte über ein Upgrade nach, aber der Preis und Lisas Argumente überzeugten mich: Wir wollen ja nicht primär hier sein, sondern uns das Land anschauen. Außerdem könnten wir die Extra-Schekel auch in gutes Essen investieren.

Das ist im Übrigen kein Problem, denn die israelisch-hebräischen-arabischen-armenischen und welche sonstigen Einflüsse hier die Küche einzigartig verschmolzen, lassen selbst einen Döner zu einem Shwarma werden, der genauso orientalisch schmeckt. Mit Kosher-Zertifikat, versteht sich. Hier ist das Essen ein Genuss und man sollte sich von der Systemgastronomie fernhalten. Ein wenig Mut ist allerdings angebracht, da die Speisekarten selten zweisprachig gestaltet sind.

Die Märkte sind eine Augenweide. Die Waren werden akkurat und sauber präsentiert. Der Kaufgenuss findet schon vor dem eigentlichen Kauf seinen Einstieg.

Die Souks von Jerusalem können bestimmt mit jedem beliebigen Souk der arabischen Welt mithalten. Die Altstadt ist in vier Viertel aufgeteilt, das Arabische,  das Jüdische, das Christliche und das Armenische Viertel.

Wir gleich in das arabische Viertel. Keine zwanzig Minuten später war Lisa ein paar Schekel zu viel los, Feilschen will halt geübt sein.

Davon darf man sich nicht beeindrucken lassen. Der nächste Händler steht schon bereit. Bevor es zu den ganzen christlichen Heiligtümern ging, mussten wir uns nochmal einen harten Fight mit einem Händler liefern: Zwei Tücher, eine Bluse und zwei  Täschchen. Oder so. Aber dann: Grabeskirche, Zionsberg mit Davids Grab, österreichisches Hospiz, Western Wall, Via Dolorosa und so weiter. Man kommt ja einfach dran vorbei.

Inzwischen sind wir wieder zurück. Der Alltag hat uns eingeholt. Die Bräune ist noch da, aber verblasst und so auch unsere Erinnerungen. Ganz deutlich sind aber die Erinnerungen und die Gefühle, die wir von unseren Begegnungen mit Christen in Israel und Juden in Israel hatten. Die vielen positiven Begegnungen und immer wieder Aussagen, wie sehr die Israelis Deutschland mögen. Muslime haben wir leider nicht so positiv wahrnehmen können. Vielleicht verhalten sich Christen und Juden einfach freier und selbstverständlicher, als es Muslime tun. Ich kann das abschließend nicht beurteilen. Natürlich war der Tempelberg keine schöne Erfahrung und der Anspruch der Muslime auf diesen Berg, auf das Allerheiligste des Judentums ist schon ganz klar politisch. Darum waren wir auch nicht in Nazareth und Bethlehem und anderen Städten unter palästinensicher Verwaltung. Wir spürten diese Spannung, die wir in Israel nicht spürten. Es war einfach entspannender in den jüdisch-christlichen Stadtteilen und Gegenden.

Ich weiß, das ist jetzt subjektiv. Es ist ein Gefühl. Aber ich bin ein Mensch, der spürt, ob jemand eine Offenheit vorgibt oder nicht. Diese Offenheit habe ich auf jeden Fall bei den Israelis, egal, ob Christ oder Jude bemerkt. Und natürlich sieht man es daran, wieviele Frauen offene Menschen sind. Die religiösen Jüdinnen sind offener als religiöse Muslimas. Muslimische Männer sind freier und offener als muslimische Frauen. Es mag auch Ausnahmen geben. Ich denke da an unsere Medien-Muslimas, die uns in Deutschland den Islam als etwas tolles verkaufen wollen. Die paar Frauen sind die Ausnahmen. Die Mehrheit der Muslimas sind eingeschüchtert und unoffen. Gerade das Gegenteil einer fortschrittlichen Gesellschaft. Aber das ist ihr Problem.

Was uns als schön in Erinnerung bleiben wird ist unsere Rundreise in den Norden, auf die Golanhöhen. Sehr viel unberührte Natur, ein wenig Landwirtschaft.

Tel Aviv ist widersprüchlich. Einerseits ist es eine moderne israelische Großstadt. Man sieht hier sehr viel weniger orthodoxe Juden, als in Jerusalem.  Aber andererseits ist es eine dekadente Großstadt, wie jede andere auf der Welt. Säkular und unheilig. Sehr gay. Naja, wem es gefällt.

 

Jerusalem ist mir sehr viel lieber. Die Orthodoxie ist unaufdringlich, aber allgegenwärtig.