Sohnbriefe 7 (Teil 2)

Sucht. Sie wird individuell erlebt. Gar keine Frage. Sucht ist eine megaintensive Erfahrung. Aber eine Grippe oder ein Beinbruch oder Krebs sind auch intensive Erfahrungen. Bei den einen Krankheiten gibt es Heilungschancen. Bei anderen Krankheiten bleiben Behinderungen zurück. Und bei wieder anderen kann am Ende der Tod stehen. Auch bei einer Suchterkrankung kann dies alles geschehen: Heilung, Behinderung und Tod. Alles ist möglich.

Jede Krankheit ist auch eine charakterbildende Erfahrung.

Und durch die Dauer dieser Erfahrung könnte man auf den Gedanken kommen, die Sucht hätte einen gewissen Mehr-Wert. Etwas Exklusives. Leider nein. Es ist eine Krankheit, die millionenfach existiert und existierte. Das Besondere oder das Alleinstellungsmerkmal ist die Spur der Verwüstung, die Sucht hinterlässt. Die Familien von Süchtigen leiden und geraten nicht selten in eine Ko-Abhängigkeit. Mit guter Absicht unterstützen Sie ihre Liebsten. Sie sorgen sich, sie wollen die Sucht verheimlichen. Motive gibt es viele: Das schlechte Gewissen, etwas falsch gemacht zu haben, Hoffnung, durch ihre Liebe und Unterstützung wirklich etwas zu bessern. Die Angst, das eigene Kind könnte kriminell werden, sich prostituieren oder sterben. Aber das funktioniert meistens nicht. In vielen Fällen treibt es die Familien in den Ruin. Ehen zerbrechen. Letztlich wird aber die Sucht durch Ko-Abhängigkeit unterstützt und verlängert. Fakt ist, die Angehörigen brauchen ebenfalls Hilfe. Es gibt keinen leichten Weg. Aber als Eltern müssen wir lernen, so klar, wie möglich zu sein. In Liebe bleiben. Der Feind ist nicht das eigene Kind, sondern die Droge und damit, der Satan. In der Bibel lesen wir viel vom Feind, der real ist. Beten müssen wir:

Errettung von unseren Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen;

Meist ist es viel zu spät, aber was können wir tun? Wir müssen zusammen gegen diesen Feind kämpfen. Konsequent.

Einzigartig ist eine Sucht nicht. Individuell. Gerne. Was ist also so charakterbildend bei der Sucht? Eher das Gegenteil ist der Fall. Es gibt Tabus. Es gibt Regeln des zwischenmenschlichen Zusammenlebens. Ich töte keine Menschen. Ich quäle keine Tiere. Ich verletze niemanden absichtlich. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die 10 Gebote.

Wie viele der allgemeingültigen, menschlichen Werte verwirft ein Süchtiger, wie viel Würde bleibt am Ende einer Suchtkarriere?

So viel Mitgefühl man mit Süchtigen haben kann, so viel muss man auch sich selbst schützen. Und andere. Die Gesellschaft. Sucht ist eine Seuche. Deshalb verbringen die Süchtigen einen Großteil ihres Lebens in Institutionen. Gefängnis oder Psychiatrie. Das ist die harte Realität. Ich denke, man sollte hier nichts beschönigen oder verharmlosen. Am Ende steht nicht etwas Schönes. Das Ende ist hässlich. Leid, Elend, Tod.

Das Leid, das Angehörige erfahren, oft auch jahrelang, wird nicht genügend gewürdigt. Zwar kann ich sagen, dass ich und meine Frau an der Suchtkarriere unseres geliebten Sohnes gewachsen sind, aber das ist nicht unser Verdienst oder der unseres Sohnes. Ich durfte erleben, wie mich der Glaube an Jesus Christus getragen hat und wie er mich weiter trägt. Ich kann alles in Seiner Liebe tragen. Alle Lügen, allen materiellen Schaden. Alle Tränen. Es schmerzt sehr, aber es ist nicht mehr nur mein Schmerz. Der Schmerz und die Traurigkeit eines Vaters, einer Mutter um ihren geliebten Sohn. Ich erahne, wieviel Schmerz Gott um seinen Sohn ertragen hat, wie er um jeden einzelnen Menschen, der in der Dunkelheit lebt, traurig ist.

Vor kurzer Zeit lud ich meinen Sohn ins Kino ein. Es war Beautiful Boy. Darin geht es um einen Vater, der versucht, mit der Sucht seines Sohnes umzugehen. Ich sah mich im Vater. Er sah sich im Sohn. Nach dem Ende des Films sagte ich ihm, dass es kein Happy End war. Er widersprach und sagte es war ein Happy End. Und vielleicht hat er recht. Am Ende ist alles offen. Geht die Sucht weiter? Oder fand eine Art Heilung statt?

Ich wünsche mir nichts so sehr, als dass mein Sohn zurück ins Licht findet. Er lebt in der Dunkelheit. Er sollte ein Leben leben, für das er bestimmt ist. Ein Königssohn, ein Edelmann. Ein freier Mann, der seine Gaben einsetzt und sein Leben in Würde lebt. Weisheit sucht. Seine Bestimmung findet.

Hoffnung ist immer da. Aber auch Realismus. Sucht hört nicht einfach auf. Es bedarf einer Entscheidung, seine Fehler einzugestehen. Es bedarf der Reue. Kein Blabla. Keine einfachen Lippenbekenntnisse. Es bedarf der Buße. Durch Buße kommt man in Bewegung. Heraus aus der Agonie.

Forgiveness is for free

Ich kann vergeben. Aber Vergebung muss auch erbeten werden.

Vergebung muss gewünscht werden. Jesus liebte alle Menschen. Aber er fragte: Was willst du, das ich tue? Wer nicht geheilt werden wollte, den heilte Jesus nicht. Keine Zwangsbeglückung. Er hätte es können. Aber das würde dem Konzept Gottes widerstreben. Der freie Wille. Der Wunsch aus dem Herzen heraus, aus der Sucht zu kommen, der Wunsch, ein normales, ein gutes Leben zu leben, muss artikuliert werden.

Sündige fort an nicht mehr.

Was soll Sucht auch bringen? Was ist das Ziel der Sucht?

Möchtest du dein Leben zwischen Gefängnis und Therapie verbringen? Möchtest du dein und das Leben deiner Familie zerstören. Das alles für ein paar Kicks? Chemische Abläufe im Gehirn. Synapsen. Rezeptoren. Willst du Schulden, Obdachlosigkeit, Armut?

Oder willst du heil werden? Fang an, dir selbst und anderen zu vergeben. Fang an, Schulden zu begleichen. Es ist möglich. Du bist noch jung. Das gute Leben wartet. Bring deine Schuld vor Jesus. Er nahm deine Schuld. Er starb für dich. Komm zu ihm und Satan hat keine Macht mehr über dich. Die Droge hat keine Macht mehr über dich. Komm zum Licht. Jesus ist das Licht der Welt.

Kein Leben ist zu verkorkst für die Umkehr. Das möchte der Feind, den ich als Satan bezeichne. Keine Sünde ist zu groß für Gott. Fang an, Frage Jesus, ob er in dein Leben kommen will. Suche die Gemeinschaft mit anderen Christen, vielleicht solchen, die auch schon in der Sucht waren. In der Regel werden dich diese Menschen nicht verurteilen, wenn du dich bekennst.

Zu Jesus. Was glaubst du, zu wem Jesus gegangen wäre, würde er heute leben? Zu den tollen, erfolgreichen Superstars? Zu den Reichen und Mächtigen? Zu Politikern und Kirchenfürsten? Oder zu den Bahnhöfen, den Obdachlosen, zu Strichern und Prostituierten. In die Gefängnisse und Lager. Die einen würden ihn hassen und ihn nochmals kreuzigen. Die anderen würden ihn erleben, wie die Apostel vor 2000 Jahren. Gott mitten unter ihnen. Was würde er dir sagen? Wie würde er dich erreichen?